Anregungen / Fragen

Teilprojekte

 Teilprojekt 1: Problemdefinition

Christopher Smith Ochoa, Universität Duisburg-Essen

Das Teilprojekt stellt die Frage, wie und inwiefern sich die advokatorische Interessenvertretung sowie die Selbstvertretung armutsbetroffener Menschen in den Armutsdiskurs einmischen. Dabei wird ein narrativ-diskursanalytischer Ansatz vorgeschlagen, der Politik und Reformprozesse als einen diskursiven Wettbewerb begreift, in dem um die Definition politischer Probleme, Forderungen und Maßnahmen gerungen wird. In einem ersten Schritt wird die narrative Einmischung der Wohlfahrtsverbände als Anwaltschaft marginalisierter Gruppen in der COVID-19-Pandemie untersucht. Im zweiten Schritt beschäftigt sich das Projekt mit den Erzählpraktiken der Bewegung #IchBinArmutsbetroffen, die die Alltagserfahrungen der Betroffenen in den diskursiven Fokus rückt. Der dritte Schritt widmet sich der prozessualen Einflussnahme der Nationalen Armutskonferenz und der Wohlfahrtsverbände in der Armutsberichterstattung in Deutschland. 

Teilprojekt 2: Agenda Setting

Corinna Schein, Universität Duisburg-Essen

Das Teilprojekt untersucht, welche Rolle die Wohlfahrtsverbände dabei spielen, ein soziales Problem auf die politische Agenda zu bringen. Als zentrale Trägerorganisationen Sozialer Arbeit haben die Verbände sozialpolitisches Gewicht bei der Vertretung schwacher Interessen. Im Kern geht es um die Frage, wie soziale Probleme aus der Praxis Sozialer Arbeit innerhalb der Wohlfahrtsverbände systematisiert und in den politischen Prozess eingebracht werden. Gegenstand ist das Thema Bildung und Teilhabe für Kinder in Familien mit Grundsicherungsbezug.

Teilprojekt 3: Politikformulierung

Laura Einhorn, TH Köln

Das Teilprojekt nimmt die kommunale Ebene in den Blick und setzt zwei unterschiedliche Schwerpunkte. In den Blick gerät dabei zunächst ein kommunales Sozialraumprogramm, dessen Genese und Weiterentwicklung im Rahmen einer Fallstudie detailliert rekonstruiert wurde. Die im Rahmen dieses Sozialraumprogramms tätigen Fachkräfte wurden anhand qualitativer Interviews zu ihrer täglichen Praxis sowie zu den Herausforderungen und den Potenzialen des Programms befragt, wodurch der Fokus auf die dem Programm inhärenten Konflikte und die damit verbundenen Bearbeitungsweisen gerichtet werden konnte. Im Ergebnis wurden Spielarten widerständischer Praktiken identifiziert, die sich sowohl individuell in alternativen Problemdeutungen und Solidarisierungen als auch in kollektiven politischen Interventionsstrategien zur aktiven Umgestaltung des Sozialraumprogramms ausdrücken.

Die zweite Perspektive, die das Teilprojekt einnimmt, fokussiert politische Planungsprozesse auf kommunaler Ebene und begreift diese als genuin politische Praxis. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, wie kommunalpolitisch relevantes Wissen über die heterogenen Bedürfnisse der Bewohner:innen produziert und verarbeitet wird und inwieweit auch marginalisierte Interessen Eingang in politische Planungsprozesse finden bzw. welche Ausschlüsse durch Planungspraktiken     (re-)produziert werden. Sozialarbeiter:innen sind in mehrfacher Hinsicht Teil dieser Planungspraxis; zum Einen ist das Feld der Sozialplanung ein relevantes Berufsfeld für Sozialarbeiter:innen, zum anderen können beispielsweise Gemeinwesen- oder Quartiersarbeiter:innen zur Entwicklung einer dauerhaften lokalen Partizipationskultur beitragen und wichtige Impulse aus kommunalen (Teil-)Räumen in politische Planungsprozesse einspeisen. Inwieweit ein Austausch zwischen politischer Planung und Quartiersarbeit in den Kommunen stattfindet sowie welche Ein- und Ausschlüsse sich in den Planungspraxen manifestieren, ist Gegenstand des Teilprojekts.

Teilprojekt 4: Implementation

Laura Schultz, Universität Duisburg-Essen (bis Januar 2023)
Nils Wenzler & Christian Gräfe, Universität Duisburg-Essen (ab März 2024)

Das Teilprojekt 4 setzt auf der praktischen Umsetzungsebene der street-level Tätigkeit von welfare mediators in der allgemeinen Sozialberatung an. Ziel des Teilprojektes ist es, mit Hilfe von halbstandardisierten Leitfadeninterviews mit Fachkräften der Sozialen Arbeit zunächst beschreibend herauszufinden, wie ihre Tätigkeit als welfare mediators in der Praxis ausgestaltet wird. Anschließend soll herausgearbeitet werden, wann und inwiefern diese Fachkräfte in ihrem Arbeitsalltag politisch ‚aktiv‘ werden sowie auch, was ihr professionelles Selbstverständnis beinhaltet.

Darüber hinaus sollen auch problemzentrierte Interviews mit Personen geführt werden, die Erfahrungen im Grundsicherungssystem haben. Mit Hilfe der Interviews soll herausgefunden werden, wie die Adressat:innen die Unterstützung der Sozialarbeitenden im Rahmen der Ausführung der street-level Tätigkeit wahrnehmen.

Teilprojekt 5: Politik als Beruf

Eva Maria Löffler, TH Köln

Zwischen Sozialer Arbeit und (Sozial-) Politik besteht ein wechselseitiges Verhältnis: Sozialarbeiter:innen handeln auf Grundlage sozialpolitischer Vorgaben. Und sie können und sollen diese Rahmenbedingungen im Sinne ihrer Profession sowie ihrer Adressat:innen mitgestalten und verändern. Diese Beeinflussung von Politik, auch als politisches Handeln diskutiert, geschieht sowohl on- als auch off-the-job, also als Teil professionellen oder zivilgesellschaftlichen Handelns. Ein dritter, bisher wenig diskutierter Weg verläuft zwischen den genannten: ‚Politik als Beruf‘. In Teilprojekt 5 stehen (ehemalige) Sozialarbeiter:innen/Sozialpädagog:innen im Fokus, die sich entschieden haben, Politik als Beruf auszuüben. Mithilfe einer Datenanalyse sollen diese Akteuer:innen auf Bundes-, Landes- sowie kommunaler Ebene zunächst einmal identifiziert werden. Anschließend wird ein online-survey eingesetzt, um mehr über die Karriereverläufe, die Motivation und die politische Sozialisation der Berufspolitiker:innen der Sozialen Arbeit zu erfahren. In vertiefenden, problemzentrierten Interviews wird dann das politische Handeln rekonstruiert. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, ob und ggf. wie es ihnen gelingt, in ihrem Amt die Interessen der Adressat:innen Sozialer Arbeit zu vertreten.